Das Magazin für Heilung und Persönlichkeitsentwicklung
Theorie und Praxis
Der Geist hat Zugang zum »Möglichkeitsraum« und er ist nicht »individuell«, das bedeutet, alle Möglichkeiten im Geist sind gleichwertig. Für das Ego ist das Gegenteil der Fall: Wir werden mit bestimmten Talenten geboren, und so hat jeder Mensch bestimmte
Interessen und Dinge, für die er Leidenschaft empfindet. Diese Dinge sind nicht beliebig und auch nicht austauschbar. Deswegen kann es zu einem grossen Leidensfaktor führen, wenn etwas geschieht oder geschehen ist, was verhindert, dass man seiner Leidenschaft weiterhin nachgehen kann. Aus der Ego-Perspektive betrachtet, ist das nicht ersetzbar, und das ist für das Ego sehr gravierend. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch zwar verschiedene Leidenschaften hat, aber ihnen nicht im gleichen Ausmass nachgeht, da im Alltag oft die Zeit dafür fehlt.
Wenn man das, was man liebt, aus irgendwelchen Gründen nicht mehr tun kann, ist das immer sehr schwer zu ertragen. Es kann dann auch sehr lange dauern, bis man erneut etwas gefunden hat, was einen begeistert. Viele Menschen sind durchaus glücklich mit
dem, was sie machen. Aber vielleicht gab es in der Vergangenheit doch das eine oder andere, das man gerne mal gemacht hätte oder wozu man noch nicht gekommen ist, es aber immer noch gerne erleben würde.
Ich möchte noch anmerken, dass die Ratschläge, die ich hier gebe, nicht für schwere Situationen gedacht sind, sondern für die kleineren Dinge, denen man nachtrauert.
Alle Wünsche gleichermassen ernst nehmen Sehr wichtig ist es, diese Dinge ernst zu nehmen. Wenn man einmal ein Instrument lernen wollte, aber es nie tat, weil es ja »nicht so wichtig« war, oder man es nicht beruflich machen wollte, ist es dennoch ein
Wunsch, der aus dem Ego kommt, also dem Inneren entspringt. Vielleicht ist der Wunsch nicht so stark, und so schliesst man daraus, dass es nicht so wichtig sei. Doch für mich ist klar, alle diese Wünsche, die wiederkehren oder immer im Hinterkopf vorhanden
sind, sind wichtig. Man hat nämlich keine Ahnung, wohin sie führen, wenn man nicht zumindest einen kleinen Schritt in diese Richtung gemacht hat. Und der Schritt muss wirklich nicht gross sein: Es kann sein, dass man sich das Instrument einfach einmal im Geschäft anschaut oder, dass man sich Musik anhört, die auf diesem Instrument gespielt wird. Wenn es um eine Reise geht, kann man sich im Internet Fotos von der Gegend anschauen, die man gerne bereisen würde.
Es gibt viele Schritte, die möglich sind, auch wenn sie nur sehr klein sind. Jeder einzelne Schritt ist einer auf das eigene Ego zu. Dieses einzigartige Selbst und diese kleinen Schritte können Leidenschaft hervorbringen, die den Alltag bereichern.
Ich empfehle hier eine Übung: Erstellen Sie von allen Dingen, die Sie gerne gemacht hätten oder gerne noch machen würden, eine Liste. Es gibt auch einige Bücher, die genau dies thematisieren: Dinge, die man im Leben einmal gemacht haben sollte. Sogar ein Hollywood- Film nahm sich dieses Themas an (»The bucket list« – »Das Beste kommt zum Schluss«). Auch wenn es darin um ähnliches geht, so empfehle ich trotzdem das eigene Ego zu befragen und sich auch an die Kindheit zurückzuerinnern und aufzuschreiben, was Sie als Kind wollten. Vielleicht haben Sie einmal gedacht: »Wenn ich erwachsen bin, dann …«.
Nachdem Sie diese Liste gemacht haben, schauen Sie, welche Dinge noch möglich sind und überlegen sich kleine Schritte, die Sie dem Ziel näher bringen. Jetzt wird es auch Dinge geben, die Sie sich einmal wünschten, die aber nicht mehr möglich sind oder die
Sie vielleicht gar nicht mehr möchten. Wenn Sie sich als Kind zum Beispiel ein Pferd oder einen Hund wünschten und jetzt als Erwachsener diesen Wunsch nicht mehr haben, empfehle ich trotzdem, diesem Wunsch im Inneren einen Platz zu geben und nicht zu denken, dass sich das erledigt hat.
Diese Dinge verschwinden niemals. Wir verändern uns und die Wünsche von damals – auch diejenigen, die nie erfüllt wurden – begleiteten uns eine Zeit lang. Sie sind wertvoll, weil noch immer Leidenschaft in ihnen steckt. Das auch dann, wenn man sich entschied, dass der Wunsch keine Gültigkeit mehr hat.
